Helden
George Bernard Shaw
29.8., 30.8., 5.9., 6.9. 2003, Stadtschloss Lichtenfels
In Shaws Komödie „Helden“ versuchen acht Personen, wahre Männer bzw. Frauen zu sein oder zu werden. Vor allem in den Soldaten Sergius und Bluntschli werden zwei sehr unterschiedliche Männlichkeitsmodelle vorgeführt, denen aber eines gemeinsam ist: Eine eher funktionale Beziehung zu Frauen, im Speziellen zu der schönen Raina, um deren Hand sich ein beschaulicher Wettkampf entfaltet – ungeachtet ihrer eigenen Wünsche, die bis zum bitteren Ende relativ uninteressant für Familie und Freier bleiben.
Bei der Erarbeitung von „Helden“ wurde ein Thema dominant gesetzt, dass auch die Theaterproduktionen der kommenden Jahre bestimmen sollte: Die gesellschaftliche Konstruktion von Geschlechterbildern oder kurz „Gender“. Grundlage dieses kulturwissenschaftlichen Ansatzes ist eine Betrachtungsweise der Differenzierung männlich / weiblich nicht als biologische Grundgegebenheit, sondern als je und je gesellschaftlich bestimmte Größen, die zur Gruppenbildung und damit in erster Linie für eine Verhandlung von Macht genutzt werden. Die Inszenierung sollte die Mechanismen gesellschaftlicher Gender-Differenzierung deutlich aufzeigen und dem Publikum vorstellen – eine Konzeption, die uns von einer Dramaturgie der Einfühlung distanzierte (wie wir sie bis einschließlich „Der Tod und das Mädchen“ zumindest ansatzweise betrieben hatten) und mit der wir in Auseinandersetzung mit dem Theaterbegriff Bertold Brechts traten: Wir griffen die Idee eines epischen Theaters auf und entwickelten es unter Berücksichtigung einer sich gewandelten, postmodernen Gegenwart weiter: Der grundlegende Effekt Brechts, Gewohntes „zur Kenntlichkeit zu verfremden“, in Distanz zum Publikum zu setzen und so der Reflexion zu öffnen, erscheint in Hinblick auf das für die postmoderne Kunst fundamentale Zitat als nicht mehr funktional; Verfremdung mit distanzierender, reflexiver Wirkung kann in einer ständig sich selbst zitierenden Kunst nur inszeniert werden, wenn parallel Angebote der Identifikation gemacht werden, deren Kohärenz aber gezielt gebrochen wird. Die Theaterproduktion „Helden“ orientierte sich demnach vornehmlich an den Brüchen des Dramentextes, an seinen Widersprüchen in der Figurenzeichnung und im Handlungsverlauf, um diese möglichst deutlich – und störend – herauszuarbeiten.
Silvan Wagner
Besetzung
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